Wer auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland durch eine vorsätzlichen Gewalttat geschädigt wird und dadurch eine Gesundheitsstörung erleidet, kann einen Anspruch auf soziale Entschädigung, darunter Krankenbehandlungen, Traumatherapie, und  in besonderen Fällen auch soziale Leistungen nach dem Sozialen Entschädigungsrecht    geltend machen. Dies gilt auch für Angehörige, Hinterbliebene und Nahestehende von geschädigten Personen.  Auch Ausländer haben Anspruch auf soziale Entschädigung.

Ziel ist, die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen solcher Taten auszugleichen.

Was ist eine Gewalttat?

Eine Gewalttat ist ein  vorsätzlicher, rechtswidriger, unmittelbar gegen sich oder seine Person gerichteter tätlicher Angriff (körperliche Gewalttat)  oder   ein sonstiges vorsätzliches, rechtswidriges, unmittelbar gegen die freie Willensentscheidung einer Person gerichtetes schwerwiegendes Verhalten (psychische Gewalttat).

Hierzu zählen auch Sexualstraftaten, Menschenhandel,  Nachstellung (Stalking), Geiselnahme und räuberische Erpressung.

Ebenso gilt als tätlicher Angriff:

  • die vorsätzliche Beibringung von Gift,
  • das Fehlgehen der Gewalttat, so dass sie eine andere Person trifft als die Person, gegen die sie gerichtet war,
  • ein Angriff in der irrtümlichen Annahme des Vorliegens eines Rechtfertigungsgrundes,
  • die wenigstens fahrlässige Herbeiführung einer Gefahr für Leib und Leben eines anderen durch ein mit gemeingefährlichen Mitteln begangenes Verbrechen,
  • die erhebliche Vernachlässigung von Kindern und
  • die Herstellung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung von Kinderpornografie 

Ausnahme:  Handelte es sich bei der Gewalttat um einen terroristischen Anschlag, kann ein Antrag auf Härteleistungen für Opfer extremistischer/terroristischer Straftaten beim Bundesamt für Justiz  gestellt werden.

 

Wer ist anspruchsberechtigt?

Neben den Personen, die unmittelbar  durch eine Gewalttat geschädigt wurden, können auch Angehörige, Hinterbliebene sowie Nahestende von Geschädigten Leistungen  empfangen.

Unmittelbar Geschädigte: Personen, die in Folge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs oder durch dessen Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Dazu gehören auch Personen, die durch das Miterleben der Tat einen sogenannten Schockschaden erleiden.

Angehörige: Angehörige von Opfern, die zwar nicht bei der Tat anwesend sind, aber eine enge persönliche oder verwandtschaftliche Beziehung zur geschädigten Person haben.

Hinterbliebene: Verstirbt die geschädigte Person, haben bestimmte enge Verwandte unabhängig von der eigenen Schädigung Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung.

Nahestehende: Darunter werden Menschen verstanden, die zu der geschädigten Person in einem besonderen Näheverhältnis stehen,  z. B. Menschen, die mit der  geschädigten Person in einer dauerhaften Lebensgemeinschaft leben, die einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft ähnlich ist.

 

Welche Leistungen werden erbracht?

Bei Gewalttaten im Inland wird für alle daraus resultierenden physischen und psychischen gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine monatliche Entschädigungszahlung erbracht. Außerdem gibt es auch Leistungen für die wirtschaftlichen Folgen dieser Gesundheitsschädigung.

Sie umfassen insbesondere

  • ärztliche und zahnärztliche Behandlungen
  • Krankenhausbehandlungen
  • Psychotherapie
  • Leistungen der medizinischen Rehabilitation
  • Versorgung mit Hilfsmitteln (z.B.    Prothesen, Zahnersatz, Rollstuhl)
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Bildung und Sozialem
  • Sonderleistungen im Einzelfall
  • Berufsschadensausgleich
  • Bestattungs- und Sterbegeld
  • Härteausgleich

Auch bei Gewalttaten im Ausland gibt es Entschädigungsleistungen, allerdings in geringerem Umfang.

Wie und wo wird der Antrag gestellt?

Der Entschädigungsantrag kann wie folgt gestellt werden:

  • formlos oder
  • mit Formularen der Landesversorgungsbehörden oder
  • mit Hilfe des bundeseinheitlichen Antragsformulars

Bei einer Gewalttat im Inland können Betroffene den Antrag bei der Versorgungsbehörde des Bundeslandes stellen, in dem sich die Tat ereignet hat.

Hat sich die Gewalttat im Ausland ereignet, ist die Versorgungsbehörde des Bundeslandes zuständig, in dem die Betroffenen ihren Wohnsitz haben.

Grundsätzlich kann ein Antrag auf Soziale Entschädigung auch bei jeder anderen Sozialbehörde gestellt werden, die diesen dann an die zuständige Behörde weiterleitet. Die Antragstellung bei der zuständigen Behörde vermeidet allerdings Verzögerungen wegen der Weiterleitung des Antrags oder weil die Zuständigkeit noch geklärt werden muss.

Muss eine Frist beachtet werden?

Es gibt keine Antragsfrist. Leistungen werden grundsätzlich allerdings erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung erbracht.

Der Ausgang eines Ermittlungs- oder Strafverfahrens braucht für den Antrag nicht abgewartet zu werden.

Falls der Antrag innerhalb eines Jahres nach der Schädigung (oder ein Jahr nach dem Ende der Verhinderung, wenn die Person ohne Verschulden an der Antragstellung gehindert ist) gestellt wird, ist die Versorgung auch für die Zeit vor der Antragstellung zu gewähren.

Wie gestaltet sich das Verfahren, wenn ein Antrag gestellt wurde?

Nach dem Antrag wird geprüft, ob die anspruchsbegründenden Tatsachen für Leistungen nach dem Sozialen Entschädigungsrecht gegeben sind.  In manchen Fällen ist der Nachweis schwer zu erbringen, dass die Gewalttat die wesentliche Ursache für die Erkrankung ist. Dies geschieht häufig durch medizinische oder psychologische Gutachten. Ergänzend dürfen keine Versagungsgründe vorliegen, d.h. das Opfer muss die Aufklärung der Straftat aktiv unterstützen, es darf die Straftat nicht mitverursacht haben.

Die Bearbeitungsdauer eines Antrages hängt vom Einzelfall ab.

Wie ist der Anspruch auf Entschädigung bei Gewalttaten im Ausland?

Um Menschen zu schützen, an denen eine Gewalttat im europäischen Ausland verübt wurde, ist 2004 die EU-Richtlinie 2004/80/EG zur Entschädigung der Opfer von Straftaten in grenzüberschreitenden Fällen verabschiedet worden. Sie verpflichtet alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union, faire und angemessene nationale Entschädigungsregelungen für diejenigen Menschen vorzusehen, die auf ihrem Staatsgebiet Opfer einer gewalttätigen Straftat geworden sind.

Die Deutsche Unterstützungsbehörde beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist Betroffenen dabei behilflich, ihre Entschädigungsansprüche in dem europäischen Mitgliedsstaat geltend zu machen, in dem sie geschädigt worden sind.

Zu ihren Aufgaben gehört insbesondere,

  • den Betroffenen Informationen darüber zu geben, welche Möglichkeiten sie haben, eine Entschädigung im Ausland zu beantragen. Dazu gehören u.a. Hinweise zum dortigen Verfahrensablauf, zur Antragsfrist, zu Leistungsvoraussetzungen sowie zu Nachweisunterlagen, die dem Antrag beizufügen sind,
  • Antragsformulare der Schädigungsstaaten zur Verfügung zu stellen,
  • die zuständige Behörde im Schädigungsstaat zu ermitteln, die über den Entschädigungsanspruch entscheidet,
  • den Entschädigungsantrag mit den eingereichten Nachweisdokumenten dorthin weiterzuleiten,
  • Dokumente und Schriftverkehr kostenfrei in die jeweilige Landessprache zu übersetzen,
  • die Fortführung des Entschädigungsverfahrens zu begleiten und die Betroffenen über den aktuellen Stand zu informieren.

Über einen Antrag entscheiden die EU-Mitgliedstaaten ausschließlich nach ihrem nationalen Recht. Die gesetzlichen Entschädigungsregelungen sind allerdings in den meisten Mitgliedstaaten nicht so umfassend ausgestaltet wie in Deutschland.

Die Deutsche Unterstützungsbehörde kann weder auf das dortige Verfahren noch auf die Entscheidung Einfluss nehmen.

Adresse der Deutschen Unterstützungsbehörde:

Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Referat SER 2,
Rochusstraße 1
53123 Bonn
Telefon: +49 228 99527 - 0
Fax: +49 228 99527 - 4134
E-Mail: DUB@bmas.bund.de

Aus Fürsorgegründen enthält das SGB XIV auch Leistungen für Deutsche und in Deutschland lebende Menschen, die im Ausland zum Opfer einer Gewalttat werden und dadurch gesundheitliche Schäden erleiden, sowie deren Angehörige und Hinterbliebene. Diese Leistungen sind gegenüber den Regelleistungen des SGB XIV eingeschränkt. Wer in Deutschland lebt und während eines vorübergehenden Aufenthalts (max. 6 Monate, max. 1 Jahr bei Bildungsaufenthalt) im Ausland Opfer einer Gewalttat wird, kann nach dem SGB XIV erhalten:

  • Leistungen der Schnellen Hilfen, die im Inland erbracht werden
  • Leistungen der Krankenbehandlung, die grundsätzlich ebenfalls im Inland erbracht werden
  • eine Einmalzahlung zwischen 2600 und 28600 Euro.

Vorübergehend ist ein Auslandsaufenthalt, wenn er auf weniger als sechs Monate, bei Schulbesuch oder Studium auf nicht mehr als ein Jahr ausgelegt ist. Hinterbliebene erhalten eine Einmalzahlung zwischen 2600 und 7800 Euro.   Leistungen aus anderen Sicherungs- und Versorgungssystemen werden auf die genannten Beträge abgerechnet. Angehörige und Hinterbliebene haben zudem Anspruch auf Leistungen der Schnellen Hilfen, die im Inland erbracht werden. Außerdem werden Überführungs- und Bestattungskosten erstattet.

Welche Besonderheiten gelten für Ausländer, die in Deutschland Opfer werden?

Auch Betroffene, die nicht deutsche Staatsangehörige sind, haben den selben Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XIV wie Deutsche Staatsbürger*innen. Dies gilt sowohl für EU-Bürger*innen als auch für Bürger*innen von Drittstaaten, auch wenn sie sich nur kurz in Deutschland aufgehalten haben. Der Aufenthaltsstatus und die Dauer des Aufenthaltes in Deutschland haben keine Auswirkungen auf Art und Umfang der Leistungen.

Welche Besonderheiten gelten, wenn eine Gewalttat auf einem Schiff oder Flugzeug verübt wird?

Wurde eine Person in einem deutschen Schiff oder Flugzeug durch einen Angriff geschädigt, gelten die gleichen Regelungen wie für eine Schädigung in Deutschland. Auch ausländische Schiffe im deutschen Küstenmeer, auf deutschen Flüssen oder in deutschen Häfen gelten als Inland im Sinne des Gesetzes, genau wie Luft- und Kraftfahrzeuge, die sich im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland befinden.

Weitere Informationen

Zusätzliche Informationen zu anderen Möglichkeiten finanzieller Entschädigung für Betroffene von Straftaten finden Sie hier.